„Die Jugendarbeit ist die Zukunft des Vereins“

Timo Schmidt ist 1980 als F-Jugendlicher zur TSG Bretzenheim gekommen und bis heute geblieben. Schon während seiner aktiven Zeit als Spieler trainierte er Jugendmannschaften. Als er nach zwei Kreuzbandrissen seine Karriere beenden musste, übernahm Schmidt zunächst die zweite Mannschaft der TSG, bevor er 2004 im Alter von 29 Jahren Trainer der ersten Mannschaft wurde. Im Interview mit FUBAZZA spricht er unter anderem über Aufstiege, Geld und „Kinner vun de Gass“.

Timo, du bist bereits in deiner 16. Saison als Trainer der ersten Mannschaft, im Verein bist du sogar noch länger. Wird das nicht irgendwann langweilig?

Nein, gar nicht. So lange ich an einer gewissen Entwicklung mitarbeiten und sie vorantreiben kann, wird es nicht langweilig. Die Chance, immer wieder Grenzen zu verschieben, macht meine Aufgabe sehr spannend und abwechslungsreich. Ich hatte mir mal das Ziel gesetzt, hier mindestens so lange Trainer zu sein, bis regelmäßig Jugendspieler integriert werden können. An diesem Punkt sind wir jetzt – aber so lange es mir noch Spaß macht und keiner das Gefühl hat, es wird Zeit für etwas Neues, mache ich gerne weiter.

2004 bist du Trainer geworden, als die Mannschaft gerade aus der Bezirksliga in die Bezirksklasse abgestiegen war. Wie war damals die Situation und das Gefühl im Verein?

Der Verein hatte sich in der Vorsaison nach der Hinrunde von Peter Krawietz getrennt und nachdem es auch mit Günter Neuser gar nicht funktionierte, hatte der Vorstand mir damals das Vertrauen geschenkt – auch wenn ich noch ein sehr junger Trainer war. Das hat mich natürlich total gefreut, auch wenn es nach dem Abstieg nicht einfach war. Da ich aber mit zahlreichen Spielern noch aktiv zusammengespielt und ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen hatte, sind viele von ihnen geblieben. Dennoch hatten wir einen gewissen Aderlass, weshalb die Saison sehr schwierig war und fast mit dem erneuten Abstieg geendet wäre.

Insgesamt neun Jahre hat es gedauert, bis ihr zurück in der Bezirksliga wart.

Wir wollten in der Bezirksklasse zunächst einmal wieder den Kopf hochbekommen und mehr Spiele gewinnen als verlieren, was mit den Jahren auch geklappt hat. Beim Aufstieg hatten wir dann deutlich mehr Qualität im Kader als damals beim Abstieg. Außerdem war das Team sehr homogen, die Jungs haben sich auch außerhalb des Platzes super verstanden. Das war ausschlaggebend für den Aufstieg.

In eurer zweiten Saison in der Bezirksliga seid ihr direkt wieder aufgestiegen, diesmal in die Landesliga. Wo kam die Qualität im Kader damals her?

Es war zunächst einmal extrem schwer, Spieler zu rekrutieren, weil wir ihnen finanziell nichts bieten konnten. Eine A-Jugend hat ebenfalls gefehlt, es kam also auch niemand von unten hoch. Die Qualität kam dann vor allem durch die Studenten.

Wieso gerade die?

Der Schlüssel war Tobias Rosenthal, der kam als Sportstudent zu uns und hat Leute wie Felix Rentschler, Nils Krämer und Moritz Lang mitgebracht. Das waren Spieler mit sehr hoher Qualität, die teilweise auch schon höher gespielt hatten.

Ihr seid eine absolute Rarität in der Landesliga, weil ihr auch heute noch keinem Spieler Geld zahlt, damit er für die TSG spielt. Wie gehst du mit dem Thema um und siehst du darin eher Vor- oder Nachteile?

Ich sage potenziellen Neuzugängen immer sofort, dass sie bei uns kein Geld verdienen werden. Der Vorteil ist, ich muss anschließend nie wieder über das Thema reden. Es ist auch ein gewisser Charaktertest, weil ich davon ausgehen kann, dass die Spieler die Mannschaft nicht wegen fünf Euro mehr sofort verlassen werden. Negativ ist, dass ich wenig Druckmittel habe. Ich kann natürlich ohnehin niemanden zwingen, regelmäßig zu kommen aber wenn jemand Geld mit dem Fußball verdient, sind die Möglichkeiten schon andere.

Dementsprechend schwer ist es sicher auch, Spieler von außerhalb zu verpflichten. Dafür habt ihr 13 Spieler im Kader, die zumindest seit der A-Jugend und meist schon deutlich länger im Verein sind. Alleine acht sind diesen Sommer dazugekommen. Wie wichtig ist die Jugendarbeit?

Die Jugendarbeit ist auf jeden Fall die Zukunft des Vereins. Ich habe immer gesagt, dass sie die absolute Basis für uns ist, anders geht es gar nicht. Ich arbeite super gerne mit Studenten aus ganz Deutschland zusammen, aber die eigenen Spieler bringen eine ganz andere Identität mit dem Verein mit und das ist der Schlüssel für alles. Damit steht und wächst der Verein.

Glaubst du, dass der aktuelle Erfolg die Früchte von „Kinner vun de Gass“ und der Arbeit von Specki sind?

Ja, das ist zu 1000% so. Der Jugendbereich war damals eine Katastrophe und es war der völlig notwendige und richtige Schritt, ihn neu aufzubauen. Die ersten Früchte waren dann die Jungs aus dem 96er Jahrgang. Leute wie Alex Rimoldi, Ruben Grundei und Sascha Szep wurden zu ihrer Zeit in der A-Jugend und danach natürlich auch von anderen Vereinen angesprochen, aber sie sind in Bretzenheim geblieben und haben sich in der ersten Mannschaft durchgesetzt.

Der Verein kann Specki und seinem Team gar nicht genug danken. Denn ohne die Liebe und Zuneigung, mit der dort gearbeitet wurde, wäre Vieles nicht möglich gewesen. Specki hat mit seiner Leidenschaft und seinem Herzblut die ganze Philosophie des Vereins mitgeprägt.

Du hast nicht nur viele ehemalige Jugendspieler der TSG in der Mannschaft, sondern auch fünf aktuelle sowie einen ehemaligen Jugendtrainer des Vereins im Kader. Wie ist es, Trainer zu trainieren?

Das ist super! Gerade, wenn der Kontakt zu den oberen Jugendbereichen da ist, können wir uns fantastisch austauschen. Mit Nils (Krämer, Trainer der A-Jugend; Anm.) stehe ich natürlich in sehr engem Kontakt. Wir können auch mal Trainingsinhalte gleichschalten oder Spieler aus der A-Jugend zu uns ins Training einladen. Die Jungs und ich sprechen außerdem ein Stück weit die gleiche Sprache und das kann nur ein Vorteil sein, finde ich.

Was macht die TSG Bretzenheim besonders?

Es ist für jeden etwas dabei! Man kann hier echten Amateurfußball mit viel Spaß, Freude, Kameradschaft und einem gewissen Leistungsgedanken betreiben. Gleichzeitig ist aber auch ganz klassischer Breitensport möglich. Sowohl im Jugendbereich als auch bei den Aktiven gibt es Mannschaften, in denen es vorrangig um den Spaß an der Sache geht.

Das Interview führte David Kulessa

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